Wie steht es um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Eisenach und dem Kreis? „Mal ehrlich!?“ – das neue Gesprächsformat am Diakonischen Bildungsinstitut Johannes Falk hat Antworten darauf gefunden. Gefragt wurden Repräsentanten aus Politik, Gesellschaft und Gewerkschaft. Diskutiert wurde vor allem die Arbeit in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Menschen mit Behinderung fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Wie wollen die Verantwortlichen Teilhabe und Inklusion im Wartburgkreis verbessern? Das fragte Moderator und Radiomacher Stefan Dietrich provokant zum Start. Unmittelbaren Anlass zur Talk-Runde hatten die der Pandemie geschuldete Schließung und das Betretungsverbot der Werkstätten sowie die drastischen Lohnkürzungen gegeben. Stefan Engel (Vorsitzender Werkstattrat Thüringen) kritisierte die behördliche Vorgehensweise und mangelnde Kommunikation mit den Werkstätten, Betroffene äußerten sich in zuvor aufgenommenen Statements. „Es war eine Wegbrechung des Lebens“, sagt Werkstattmitarbeiter Daniel(45) und meint konkret die soziale Isolation, die fehlende Tagesstruktur, weniger Lohn und mit all dem verbunden – weniger Teilhabe. Dabei wären laut Jörn Köhler (Prokurist des Fachbereichs Arbeit der Diako Thüringen) Alternativen möglich gewesen. Viele Kostenträger, auch der Wartburgkreis, lehnten es jedoch ab, dass Werkstattbeschäftigte ihre Tätigkeit an einem anderen Ort ausüben und sich dadurch die Betreuungsform ändert. Kostenträger zahlten nicht für Werkstätten.

Dass viel politischer Wirrwarr entstanden sei, gab Landrat Reinhard Krebs zu und argumentierte: „Uns fehlte die Rechtssicherheit, um Gelder zu zahlen. Das Ministerium hat lediglich empfohlen, die Mittel für Werkstätten auszugeben, ohne Garantie der Refinanzierung. Ich kann nicht auf Grundlage von Empfehlung zahlen. Dies halte ich für unseriös.“ Die Erklärung des Landrats ließen weder Engel noch Yvonne Deubner (Vertrauensperson Werkstatt, Assistenz der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstatt Thüringen) gelten. Sie machten auf Widersprüche aufmerksam, ebenso auf psychische und finanzielle Auswirkungen bei den Menschen. „Ich bin tief betroffen“, resümierte Hans-Joachim Ziegler (SPD), „hier geht es nicht um Milliarden, sondern um ein paar Euro, mit denen man das Leben zu bestreiten hat. Vom Bund wurde viel ausgegeben, der Flaschenhals ist das Land gewesen.“ Deubner verlangte den Austausch mit den zuständigen Ministern. „Der Flickenteppich in Thüringen führt zur Auflösung der Chancengleichheit“, sagte sie. Auch jetzt werde für die wieder geleistete Arbeit noch nicht das volle Gehalt gezahlt. Während Michael Reinz (Freie Wähler, Bürgermeister Treffurt) statt des ständigen Bezuges auf Geld doch eher den Menschen ins Zentrum zu stellen riet und dazu ermunterte, bei fehlender Regie die Entscheidungen vor Ort zu treffen, versprach der Landrat, Schilderungen und Fragen der Diskussion bei den Stellen vorzutragen, die entsprechende Änderungen bewerkstelligen können. Wie sich Teilhabe in der Freizeit darstellt, war anschließend Thema. So lebhaft und konträr die ganze Gesprächsrunde, so einhellig das Fazit am Ende: Informativ, motivierend, zielführend. Ein Austausch wie dieser muss öfter stattfinden. „Wir sind nicht behindert“, sagte Stefan Redetzke (Werkstattbeschäftigter, Radiomacher) zum Abschluss, „wir sind körperlich eingeschränkt. Ich danke für den Versuch ihrer Hilfe!“

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